Köln: 26.–29.10.2025 #iddcologne

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Vier Faktoren, die ein Möbelstück viral gehen lassen

Virale Möbel: Dopamine Decor

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Seit seiner Einführung im Jahre 2010 hat die Bilder-App Instagram unseren Blick auf Interieur- und Möbeldesign dramatisch verändert. Viele Interiorbegeisterte nutzen Social Media als Inspirationsquelle. Dabei hat die App auch den gestalterischen Ansatz von Designer:innen verändert. Neben Form und Funktion gesellt sich nun ein weiterer Faktor: Die sogenannte Instagrammability – also die Fähigkeit, gut auf Instagram zu performen.

Nicht nur neue Designs werden davon beeinflusst: Social Media kann auch den Fokus auf alte Klassiker richten oder deren Rezeption verändern. So erlebten in den vergangenen Jahren durch die foto- und videobasierten Apps einige postmoderne Möbelklassiker eine kleine Renaissance, denn mit ihrer eigentlich nostalgisch besetzten, verspielten Art und den knalligen Farben passen sie wieder hervorragend zum aktuellen Dopamine-Decor-Trend.

Doch was genau muss ein Möbelstück oder Interiordesign mitbringen, um zum Insta-High-Performer zu werden? Nach genauer Beobachtung lassen sich dafür tatsächlich einige Parameter definieren:

Ein moderner Stuhl aus dünnem, gewundenem Metall in zartem Lila steht in einem Raum mit rohem Boden. Die Sitzfläche und Rückenlehne sind wellenförmig gestaltet und offen gearbeitet. Im Hintergrund sind eine hellrosa gestrichene Wand sowie eine unbehandelte Holzoberfläche zu sehen. Der Schatten des Stuhls fällt an die Wand, das Licht kommt von oben.

Foto: Mattia Greghi

Interessante Texturen: Haptik, die man sehen kann

Zwei Sitzmöbel mit skulpturalem Design: ein grünes Sofa mit organischer Form und texturierter, moosähnlicher Oberfläche sowie ein voluminöses, rosa Sitzmöbel mit kuscheliger, wolkenartiger Optik. Die Möbelstücke wirken verspielt und einladend.

BU: Links: Gummy Lounge Chair von Faye Toogood. Rechts: Hortensia Armchair von Andrés Reisinger und Júlia Esqué für Moooi. Fotos: Toogood; Moooi

Es mag paradox erscheinen, doch gerade weil wir sie über kalte Bildschirme aufnehmen, werden Oberflächen im Interiordesign immer wichtiger – Texturen und Materialien, die man quasi durch den Bildschirm hindurch fühlen kann. Ein interessantes Beispiel ist der Hortensia Armchair: Der Digitalkünstler Andrés Reisinger veröffentlichte 2018 ein Rendering des Sessels, das daraufhin viral ging. Weil bei Reisinger daraufhin immer wieder Nachfragen eintrudelten, ob der Sessel nicht auch als echtes Möbelstück verfügbar sei, tat er sich schließlich mit der Designerin Júlia Esqué zusammen. Gemeinsam realisierten sie den Sessel – der bis dato nur als NFT verfügbar war – in physischer Form. Der Sessel, der aus über 20.000 stoffigen Blütenblättern besteht, wird nun von Moooi vertrieben.

Leuchtende Farben und Color Blocking

 Zwei kleine, dekorative Objekte aus buntem Kunststoff: eine Miniaturfigur sowie ein Set aus geometrischen Elementen auf einer roten Grundplatte. Beide weisen ein verspieltes, modernes Design auf.

BU: Links: Globo von Raw Color. Rechts: Die Vasenkollektion Scoop von Zaven für Vero International. Fotos: Raw Color; Mattia Greghi.

Skulpturale Strenge

Noch eine Spur strenger geht es bei diesem Entwurf zu: Fast klinisch und doch skulptural wirkt der „Chandelier“, den das Designstudio Formafantasma in Zusammenarbeit mit der Galerie Friedman Benda entworfen hat. Er ist Teil der „Formation“-Serie: Einer Reihe limitierter Holzobjekte, die durch ihre statische Präsenz und grafische Formensprache auffallen und in ihrer radikalen Klarheit aktuelle Gestaltungstendenzen zitieren. Ihre kühle Strenge wird allein durch das verwendete Material – warm getöntes Kirschholz – durchbrochen, das ihnen eine stille Sinnlichkeit verleiht. „Formation“ setzt sich mit Archetypen des Möbeldesigns auseinander und bewegt sich an der Schnittstelle von Konzeptkunst und Luxusobjekt.

Verspielte Kurven

Kreative Einrichtung mit einer Lampe und einem Spiegel. Die Lampe besitzt eine große, glänzende ovale Glühbirne auf einem warmfarbenen Sockel. Der Spiegel hat eine unregelmäßige, wellenförmige Umrandung und zeigt eine moderne, künstlerische Gestaltung.

Links: Ultrafragola von Ettore Sottsass für Poltronova; links: Gustaf Westmans Curvy Mirror, hier in der Mini-Variante. Fotos: Poltronova; Gustaf Westman.

Diese beiden Spiegel trennen 50 Jahre: Ultrafragola von Ettore Sottsass für Poltronova wurde im Jahre 1970 erstmals präsentiert und ist inzwischen ein Klassiker des postmodernen Designs; der Curvy Mirror von Gustaf Westman wurde im Jahr 2020 vorgestellt. Und obwohl Sottsass’ „Ultraerdbeere“ bereits Jahrzehnte vor der Geburt von Social Media entstand, erlebte das Modell vor allem durch die Foto-App Instagram eine Renaissance. Auch Westmans Modell ist schon jetzt etwas wie ein Instagram-Klassiker. Grund dafür ist sicher, dass beide Modelle mit ihren kurvigen Linien eine humorvolle Selfie-Umrahmung schaffen und sich mit ihrer Formensprache krass von den kühlen, nüchternen Entwürfen der Moderne abheben.

Zwei stilisierte Sitzmöbel: ein verspielt gestalteter Metallstuhl in pinker, schlangenähnlicher Form, sowie ein leuchtend gelber Sessel aus miteinander verbundenen, organisch geformten Elementen, die an Blubberblasen oder Puzzleteile erinnern.

Die Kunst der Leerstelle. Links: Wavy Chair von Fredrik Paulsen für Vero International. Rechts: Curvy Sideboard von Gustaf Westman, Fotos: Mattia Greghi; Gustaf Westman.

Kurven lassen sich auch in anderen Bereichen des Möbeldesigns finden, etwa bei organisch geformten Sideboards und Stühlen. Ein besonders reduzierter und trotzdem verspielter Entwurf ist der Wavy Chair von Fredrik Paulsen – hier wirkt das Stuhlmodell fast, als wäre es mit einem breiten Wachsmaler skizziert worden.

Anti-Funktionalismus und Quirkiness

Zwei skurrile, farbige Sitzmöbel: ein rosafarbener Sitz in Form einer gekrümmten Schlange, die um ein Brot gewickelt ist, und ein blauer Stuhl mit wellenförmiger, organischer Kontur, die an eine Wolke erinnert.

Wie mit einem überdimensionalen Wachsmaler gezeichnet: links: Baguettehalter von Gustaf Westman. Rechts: Ekstrem von Terje Ekstrøm für Varier. Fotos: Gustaf Westman; Varier.

Raffinierte Details

Ein weiterer Erfolgsgarant auf Social-Media ist ein gewisser „Häh?“-Faktor – also das, was uns als Nutzer:innen beim Scrollen anhalten lässt. Ein sicherlich recht krasses Beispiel dafür ist der relativ unhandliche Baguette-Halter – ebenfalls von Gustaf Westman. Aber auch ein postmoderner Klassiker wie der Ekstrem von Terje Ekstrøm hat in den letzten Jahren sein Instagram-Revival erlebt – was sicherlich auch damit zusammenhängt, dass sich beim ersten Betrachten des Sessels Fragen stellen, die das Sitzen als akrobatische Praktik erscheinen lassen.

Haben Sie nun selbst Lust auf mutige Farben und Formen in den eigenen vier Wänden bekommen? Oder mögen Sie es lieber minimalistisch? Vielfältige Wohnwelten sind auf der idd cologne 2025 live im Design-Hub Köln erlebbar.